Störungen des Sozialverhaltens sind durch ein sich wiederholendes und anhaltendes Muster dissozialen, aggressiven und aufsässigen Verhaltens charakterisiert. Dieses Verhalten übersteigt mit seinen gröberen Verletzungen die altersentsprechenden sozialen Erwartungen. Es ist also schwerwiegender als gewöhnlicher kindischer Unfug oder jugendliche Aufmüpfigkeit. Das anhaltende Verhaltensmuster muss mindestens sechs Monate oder länger bestanden haben. Störungen des Sozialverhaltens können auch bei anderen psychiatrischen Krankheiten auftreten, in diesen Fällen ist die zugrunde liegende Diagnose zu verwenden.
Beispiele für Verhaltensweisen, welche diese Diagnose begründen, umfassen ein extremes Maß an Streiten oder Tyrannisieren, Grausamkeit gegenüber anderen Personen oder Tieren, erhebliche Destruktivität gegenüber Eigentum, Feuerlegen, Stehlen, häufiges Lügen, Schulschwänzen oder Weglaufen von zu Hause, ungewöhnlich häufige und schwere Wutausbrüche und Ungehorsam. Jedes dieser Beispiele ist bei erheblicher Ausprägung ausreichend für die Diagnose, nicht aber nur isolierte dissoziale Handlungen.
G1. Vorliegen eines wiederholten, persistierenden Verhaltensmusters, bei dem entweder die Grundrechte anderer oder die wichtigsten altersentsprechenden sozialen Normen oder Gesetze verletzt werden, mindestens sechs Monate anhaltend, mit einigen der unten angegebenen Symptome
G2. Die Kriterien für eine dissoziale Persönlichkeitsstörung (F 60.2), eine Schizophrenie (F 20), eine manische Episode (F 30), eine depressive Episode (F 32), eine tiefgreifende Entwicklungsstörung (F 84) oder eine hyperkinetische Störung (F 90) werden nicht erfüllt.
(Werden Kriterien für eine emotionale Störung erfüllt, ist die Diagnose „gemischte“ Störung des Sozialverhaltens und Emotionen
(F 92) zu stellen).
(1)für das Entwicklungsalter des Kindes ungewöhnlich häufige und schwere Wutausbrüche
(2) häufiges Streiten mit Erwachsenen
(3) häufige aktive Ablehnung und Zurückweisung von Wünschen und Vorschriften Erwachsener Vorschriften Erwachsener
(18) häufiges Schuleschwänzen, beginnend vor dem 13. Lebensjahr
(19) Weglaufen von den Eltern oder elterlichen Ersatzpersonen, mindestens zweimal oder einmal länger als eine Nacht
(außer dies geschieht zur Vermeidung körperlicher oder sexueller Misshandlung)
(20) jede kriminelle Handlung, bei der ein Opfer direkt angegriffen wird, (einschließlich Handtaschenraub, Erpressung, Straßenraub)
(21) Zwingen einer anderen Person zu sexuellen Aktivitäten
(22) häufiges Tyrannisieren anderer (z.B. absichtliches Zufügen von Schmerzen oder Verletzungen
einschließlich andauernder Einschüchterung, Quälen oder Belästigung)
(23) Einbruch in Häuser, Gebäude oder Autos.
Beachte: Die Symptome 11., 13., 15., 16., 20., 21., 23. brauchen nur einmal aufgetreten zu sein, um das Kriterium zu erfüllen.
F91.0 Auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens
Diese Verhaltensstörung umfasst dissoziales oder aggressives Verhalten (und nicht nur oppositionelles, aufsässiges oder trotziges Verhalten), das vollständig oder fast völlig auf den häuslichen Rahmen oder auf Interaktionen mit Mitgliedern der Kernfamilie oder der unmittelbaren Lebensgemeinschaft beschränkt ist. Für die Störung müssen die allgemeinen Kriterien für F91.- erfüllt sein. Schwer gestörte Eltern-Kind-Beziehungen sind für die Diagnose allein nicht ausreichend.
F91.1 Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen
Diese Störung ist charakterisiert durch die Kombination von andauerndem dissozialen oder aggressiven Verhalten, das die allgemeinen Kriterien für F91.- erfüllt und nicht nur oppositionelles, aufsässiges und trotziges Verhalten umfasst, mit deutlichen und tief greifenden Abweichungen der Beziehungen des Betroffenen zu anderen Kindern.
Quelle:
Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM)