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Begutachtung der Fahreignung bei Alkohol: Abhängigkeit

Jemand ist als alkoholabhängig zu bezeichnen, wenn er trotz klar vorhandener Folgeschäden im körperlichen, sozialen oder psychischen Bereich seinen Alkoholkonsum nicht entsprechend reduzieren kann oder will, so dass die negativen Folgeerscheinungen aufrechterhalten oder noch verstärkt werden. Während früher der körperlichen Abhängigkeit eine zentrale Bedeutung beigemessen wurde, steht seit ICD-10 der Begriff der psychischen Abhängigkeit im Mittelpunkt, darunter versteht man ein unwiderstehliches Verlangen nach der Droge Alkohol. Jellinek (1960) verlangt als zentrales Kriterium für die Diagnose der Alkoholabhängigkeit einen Kontrollverlust, darunter versteht man im engeren Sinn, dass jemand anfängt zu trinken und so lange nicht aufhören kann, bis er betrunken ist. Wer vom Alkohol abhängig ist, kann kein Kraftfahrzeug führen.

Diagnostische Leitlinien der Alkoholabhängigkeit nach ICD-10 sind:

  1. Ein starker Wunsch oder eine Art Zwang, psychotrope Substanzen zu konsumieren.
  2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums.
  3. Ein körperliches Entzugssyndrom bei Beendigung oder Reduktion des Konsums, nachgewiesen durch die substanzspezifischen Entzugssymptome oder durch die Aufnahme der gleichen oder einer nahe verwandten Substanz, um Entzugssymptome zu mildern oder zu vermeiden.
  4. Nachweis einer Toleranz. Um die ursprünglich durch niedrigere Dosen erreichten Wirkungen der psychotropen Substanz hervorzurufen, sind zunehmend höhere Dosen erforderlich (eindeutige Beispiele hierfür sind die Tagesdosen von Alkoholikern und Opiatabhängigen, die bei Konsumenten ohne Toleranzentwicklung zu einer schweren Beeinträchtigung oder sogar zum Tode führen würden).
  5. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügen oder Interessen zugunsten des Substanzkonsums, erhöhter Zeitaufwand, um die Substanz zu beschaffen, zu konsumieren oder sich von den Folgen zu erholen.
  6. Anhaltender Substanzkonsum trotz Nachweises eindeutiger schädlicher Folgen, wie z. B. Leberschädigung durch exzessives Trinken, depressive Verstimmungen infolge starken Substanzkonsums oder drogenbedingte Verschlechterung kognitiver Funktionen. Es sollte dabei festgestellt werden, dass der Konsument sich tatsächlich über Art und Ausmaß der schädlichen Folgen im Klaren war oder dass zumindest davon auszugehen ist." War die Voraussetzung zum Führen von Kraftfahrzeugen wegen Abhängigkeit nicht gegeben, so kann sie nur dann wieder als gegeben angesehen werden, wenn durch Tatsachen der Nachweis geführt wird, dass dauerhafte Abstinenz besteht.

"Die sichere Diagnose «Abhängigkeit» sollte nur gestellt werden, wenn irgendwann während des letzten Jahres drei oder mehr der folgenden Kriterien gleichzeitig vorhanden waren:
Als Tatsache zu werten ist in der Regel eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung, die stationär oder im Rahmen anderer Einrichtungen für Suchtkranke erfolgen kann. In der Regel muss nach der Entgiftungs- und Entwöhnungszeit eine einjährige Abstinenz nachgewiesen werden, und es dürfen keine sonstigen eignungsrelevanten Mängel vorliegen.

Hierzu sind regelmäßige ärztliche Untersuchungen erforderlich einschließlich der relevanten Labordiagnostik, unter anderen Gamma-GT, GOT, GPT, MCV, CDT und Triglyzeride. Bei Verdacht auf chronischen Leberschaden, z. B. nach langjährigem Alkoholmissbrauch, nach Hepatitis oder bei anderen relevanten Erkrankungen ist die Labordiagnostik entsprechend zu erweitern. Die Laboruntersuchungen müssen von Laboratorien durchgeführt werden, deren Analysen den Ansprüchen moderner Qualitätssicherung genügen (z. B. erfolgreiche Teilnahme an Ringversuchen). Sämtliche Laboruntersuchungen können nur in Verbindung mit allen im Rahmen der Begutachtung erhobenen Befunden beurteilt werden.

Bereits Blutalkoholkonzentrationen mit Werten ab 0,3 Promille können zu einer Herabsetzung der Reaktionsfähigkeit und zur Veränderung der Stimmungslage mit Kritikminderung führen, so dass ein erhöhtes Verkehrsrisiko von derart beeinflussten Kraftfahrern ausgeht. Bei 0,8 Promille liegt das Risiko in der Regel um das Vierfache höher als bei nüchternen Verkehrsteilnehmern. Fahruntüchtigkeit liegt bei jedem Kraftfahrzeugfahrer mit Werten höher als 1 Promille vor. Werden Werte um oder über 1,5 Promille bei Kraftfahrern im Straßenverkehr angetroffen, so ist die Annahme eines chronischen Alkoholkonsums mit besonderer Gewöhnung und Verlust der kritischen Einschätzung des Verkehrsrisikos anzunehmen. Bei solchen Menschen pflegt in der Regel ein Alkoholproblem vorzuliegen, das die Gefahr weiterer Alkoholauffälligkeit im Straßenverkehr in sich birgt. Auch wiederholte Auffälligkeiten unter Alkohol im Straßenverkehr innerhalb weniger Jahre begründen einen solchen Verdacht, selbst wenn die Werte wesentlich geringer sind.

Ferner besteht, wegen der allgemeinen Verfügbarkeit des Alkohols, bei Alkoholabhängigkeit und -missbrauch generell eine hohe Rückfallgefahr, so dass im Einzelfall strenge Maßstäbe anzulegen sind, bevor eine positive Prognose zum Führen von Kraftfahrzeugen gestellt werden kann. Diese erfordert tragfähige Strategien für die Entwicklung der Kontrolle über den Alkoholkonsum als Voraussetzung zur Trennung von Alkoholkonsum und Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr, wie sie z. B. in geeigneten Kursen oder Therapien vermittelt werden. In der Regel hat in solchen Fällen eine sorgfältige Auseinandersetzung mit den Ursachen und der Entwicklung des früheren Alkoholmissbrauchs zu erfolgen. Häufiger Alkoholmissbrauch führt zur Gewöhnung an die Giftwirkung und damit zur Unfähigkeit einer realistischen Einschätzung der eigenen Alkoholisierung und des hierdurch ausgelösten Verkehrsrisikos.

Im Spätstadium des chronischen Missbrauchs kann es insbesondere zu Störungen fast aller Organsysteme, und zwar vorwiegend zu hepatischen, gastrointestinalen und kardialen Manifestationen kommen. In der Regel erweisen sich jedoch bei der Begutachtung die psychischen und psychosozialen Ursachen und Folgen des chronischen Alkoholmissbrauchs als weit bedeutsamer. Es kann zu krankhaften Persönlichkeitsveränderungen mit abnormer Entwicklung der affektiven und emotionalen Einstellung gegenüber der Umwelt kommen, wobei Selbstüberschätzung, Gleichgültigkeit, Nachlässigkeit, Erregbarkeit, Reizbarkeit etc. zu beobachten sind.
Besteht eine Alkoholabhängigkeit, so ist die Fähigkeit zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen generell aufgehoben. Voraussetzung einer positiven Prognose ist eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung mit entsprechender Nachsorge.

Quelle:
Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, bearbeitet von Dr. med. Nicole Gräcmann, Dr. med. Martina Albrecht,
Bundesanstalt für Straßenwesen, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit Heft M 115

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