Mobbing (englisch to mob „angreifen, anpöbeln, bedrängen, schikanieren, über jemanden herfallen") steht nicht nur für Psychoterror am Arbeitsplatz. Es kommt ebenso in der Schule, im Internet, im Sportverein oder in der Familie vor.
Die Opfer erleben andauernde und sich wiederholende seelische und/oder körperliche Angriffe und Gewalt.
Das Mobbing-Spektrum ist weit, angefangen von subtilen Bemerkungen und ständiger Kritik über Belästigungen, Beschimpfungen, Verbreitung falscher Tatsachen, Provokationen, Erniedrigungen, Verleumdungen, Diffamierungen oder Diskriminierungen, Verfolgungen, Nötigungen, Erpressungen bis hin zu Gewalt- und Todesandrohungen.
Ziel der Täter ist die Verunsicherung oder Schädigung der seelischen, geistigen und körperlichen Gesundheit des Opfers. Letztendlich soll das Opfer vernichtet werden.
Mobbing kann als eine Abfolge von psychischen (Micro)-Traumen verstanden werden, die als „Reaktion auf eine schwere Belastung" (ICD 10 F 43) zu einer gesundheitlichen Schädigung führen. Die gesundheitlichen Folgen von Mobbing werden als „kumulative traumatische Belastungsstörung" beschrieben.
Wie bei Burnout handelt es sich beim Mobbing um einen dynamischen Prozess, welcher im ICD 10 nicht als eigenständige Erkrankung aufgeführt wird. Die Dynamik des Mobbing zeigt sich im zeitlichen Verlauf in verschiedenen Belastungsbildern, die letztendlich zu einer andauernden Persönlichkeitsveränderung führen können.
Eine Mobbing-Syndrom-Betrachtung im Zeitstrahl lässt vier Stadien erkennen:
Stadium 1: akute Belastungsreaktion (ICD 10 F 43.0)
ist die Folge von einzelnen Mobbinghandlungen unterschiedlichen Schweregrades
Stadium 2: „kumulative" traumatische Belastungsstörung (ICD 10 F 43.9) (2,4)
ist die Folge von mehreren akuten Belastungsreaktionen des Stadiums 1
einbrechendes Selbstwertgefühl mit Selbstzweifeln und Schuldgefühlen
Schlafstörungen mit Grübelzwängen
eingeschränkte geistige Leistungsfähigkeit im Alltag aufgrund des eingeengten Denkens an den Konflikt
zunehmendes Vermeidungsverhalten
Substanzmissbrauch in Folge von Angst und Schlafstörungen
hochgradige geistige Leistungsfähigkeit den Mobbing-Konflikt betreffend
biphasisches Auftreten von Depression und Angst im Wechsel mit Aggressionen und eventuell damit einhergehenden Suizidgedanken
psychosomatische Funktionsstörungen (vor allem im Bewegungs- und Magen-Darm-Bereich)
Entwicklung einer Phobie gegen Fremdbestimmung
Stadium 3: Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) (ICD 10 F 43.1)
ist die Folge eines länger andauernden Mobbings, wenn das Opfer soweit psychosozial destabilisiert ist, dass sowohl die gesundheitliche, als auch die wirtschaftliche Existenz (Arbeitsplatz) und das soziale Netz (Familie) akut gefährdet oder bereits zerstört worden sind
Stadium 4: Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (F 62.0)
ist der Extremfall der Mobbing-Vernichtung, darauf folgt nur noch der Suizid
Paranoide Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F 60.0) nach besonders „subtilem" Mobbing
Ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F 60.6) beim stillen Dulder des Mobbings oder nach dem verlorenen Kampf gegen das Mobbing
Obsessive Persönlichkeitsstörung (ICD 10 F 60.0)
Da die seelischen und körperlichen Angriffe und Gewalt eine extreme Fremdbestimmung bedeuten, entwickelt das Mobbing-Opfer häufig eine sehr starke Abneigung gegen jede Außenbeeinflussung. Die daraus resultierende übersteigerte Selbstbestimmtheit führt dazu, dass das Opfer keine andere Meinung mehr zulässt (selbst äußerst fremdbestimmend agiert), sich hochgradig verletzt oder misstrauisch weitestgehend von allen sozialen Kontakten zurückzieht.
Es müssen nicht alle Stadien durchlaufen werden. Sie können sich überlappen und mit Ausnahme des Stadiums 4 komplett zurückbilden. Es kommt vielmehr auf die Verwundbarkeit des Mobbing-Opfers durch seine primäre Persönlichkeitsstruktur an. Ebenso wichtig sind eventuelle Vorerkrankungen oder eine Behinderung und natürlich die Schwere und Häufigkeit der Mobbinghandlungen.
Da das „Bedrängnis" bei Mobbing nicht „subjektiv", sondern objektiv ist, ist die häufigste Fehldiagnose die „Anpassungsstörung"
(ICD 10 F 43.2). Der Mensch ist nicht dazu in der Lage, sich einem Psychoterror mit dem Zweck einer psychosozialen Destabilisierung anzupassen. Diese Fehldiagnose führt in der Praxis häufig zu einer klassischen Opferbeschuldigung. Ebenso häufig findet man eine Verkehrung von Ursache und Wirkung, wenn dem Mobbing-Opfer unterstellt wird, dass seine festgestellte Erkrankung die Ursache für den Konflikt wäre.
Im Rahmen der Anamnese und Diagnostik sind Konstellationen klar abzugrenzen, die bereits vor Beginn des Konflikts auf sozial unverträgliche, psychiatrisch relevante Störungen bei dem Patienten schließen lassen.
Drei Reaktionsmöglichkeiten des Mobbing-Opfers:
Die stille Duldung des Mobbings, die nichts bewirkt, außer dass das Opfer immer kränker wird.
Der Kampf gegen das Mobbing, der in Form einer aktiven Problemlösung meist erfolglos ist, da in der Regel faire Gegenmaßnahmen des Mobbing-Opfers versagen. Von Firmenleitungen ist kaum Unterstützung zu erwarten. Der Gesetzgeber und die Justiz versagen komplett. Mobbing ist in Deutschland kein Straftatbestand. Zeitnahe zivil- und arbeitsrechtliche Interventionen zur Unterbindung des Mobbing existieren bisher nicht. Prozessverläufe zur Wiedergutmachung des Schadens gestalten sich langwierig und sind unter einem Jahr nicht zu erwarten.
Die rasche Flucht aus dem Umfeld des Psychoterrors mittels einer „Kündigung des Arbeitsverhältnisses" ist geeignet, einen schweren Krankheitsverlauf zu verhindern, jedoch aus sozialen und/oder wirtschaftlichen Gründen immer seltener möglich.
Was kann man tun, um Mobbing „erfolgreich“ zu überstehen?
KNORZ & ZAPF (1996) kamen in einer Studie zu dem Ergebnis, dass drei Gesichtspunkte bei der Bewältigung wesentlich sind:
Betroffene sollten Grenzen setzen: Um Mobbing abzustellen ist es unerlässlich, konsequent aus dem „üblen Spiel“ auszusteigen, klare Grenzen zu ziehen, nicht selbst zur Eskalation beizutragen und stattdessen wieder eigene Ziele zu verfolgen.
Persönliche Stabilisierung: Um Grenzen setzen zu können, ist es oft zunächst notwendig, sich persönlich zu stabilisieren, z. B. durch „Auszeiten“ oder Psychotherapie.
Objektive Veränderungen der Arbeitsplatzsituation: Nur, wenn gleichzeitig mit den oberen Punkten auch eine objektive, organisatorische Veränderung der Arbeitsplatzsituation einhergeht, lässt sich Mobbing letztendlich wirkungsvoll abstellen (arbeitsorganisatorische Trennung von Mobber und Gemobbtem, klares Einschreiten durch Vorgesetzte).
Quellen:
Wikipedia
Bämayr, A.: Mobbing, Klassifikation des Erkrankungsverlaufs, Neurotransmitter 11/2006 S. 22
(Offizielles Organ des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte, Deutscher Neurologen und Deutscher Psychiater)
Fischer, G. Riedesser, P.: Lehrbuch der Psychotraumatologie, Kapitel Mobbing. München, Basel 1998, Reinhard Verlag
Knorz, C. & Zapf, D. (1996). Mobbing – eine extreme Form sozialer Stressoren am Arbeitsplatz. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 40, 12-21