Hochsensible Menschen haben es in der heutigen Zeit schwer. Alles dreht sich im Wesentlichen um „höher-schneller-weiter" und „am-besten-alles-sofort" und „am besten der Beste sein“. Dabei zielen viele Tendenzen auf grenzenlosen Konsum, grenzenlose Ressourcen, grenzenloses Wachstum. Wo soll ein sensibler Mensch - bei der täglichen Reizüberflutung der Medien und den schier unbegrenzten Möglichkeiten - Orientierung und einen geschützten Raum für sich finden?
Viele Hochsensible akzeptieren lange nicht, dass ihre Reizgrenze schneller erreicht ist, als bei normalen Menschen und sie deshalb mehr Pausen und mehr Ruhe brauchen. Ihre Körper zeigen - neben allgemeinem Unwohlsein - schnell Warnsignale, wie Ängste, Depressionen, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, nervöser Magen etc. Diese wertvollen Hinweise, dass es nun eigentlich genug ist, werden dabei oft ignoriert und mit Tabletten bekämpft. Denn es kann doch nicht sein, dass man weniger leistungsfähig ist als die Anderen.
Hinzu kommt, dass es Hochsensible gewohnt sind, für andere Menschen da zu sein. Sie denken für andere mit und opfern sich häufig regelrecht auf, ohne auf ihr Gleichgewicht von Geben und Nehmen zu achten. Dabei erwarten viele Hochsensible, dass das Gegenüber so handelt wie sie selbst. Das führt in der Regel zu Enttäuschungen. Hochsensible dürfen lernen, ihren Fokus auf den eigenen Gewinn bei einer Sache oder bei Menschen zu legen. Die Frage sollte immer lauten: Was habe ich für einen „emotionalen“ Gewinn. Und keine Angst, richtig egoistisch werden Hochsensible alleine schon von ihrem Naturell nicht. Es geht vielmehr um das Gleichgewicht von Geben und Nehmen und auf das Wahrnehmen und Respektieren der eigenen Persönlichkeit.
Insgesamt sollte das Leben von Hochsensiblen übersichtlich geordnet und Rituale vorhanden sein. Struktur gibt Sicherheit und weniger ist oft mehr. Wichtig ist, dass Hochsensible reflektieren, in welchem Lebensabschnitt sie sich gerade befinden und welche Visionen, Ziele und Entwicklungsaufgaben sie gegenwärtig haben. So lernen sie, sich von anderen abzugrenzen und zu sich zu stehen. Im Alltag sollten sie ihren Fokus auf bereits erreichte und erledigte Aufgaben richten und sich dabei immer wieder selbst loben und auf die Schultern klopfen. Richtet man den Fokus auf die to-do Liste in der Zukunft, auf das, was noch alles zu erledigen ist, wird man in der Regel frustriert, da man damit meistens sowieso nie fertig wird.
Hochsensible sollten sich nicht als defizitär empfinden, wenn sie aufgrund ihrer Reizverarbeitung nicht mithalten können oder wollen. Grundlegende Aufgabe ist, sich der eigenen Grenzen bewusst zu werden, wie z.B. der Körper- oder Leistungsgrenze. So sollte Mitfühlen nicht mit Mitleiden verwechselt werden und perfekt müssen auch nicht alle Dinge erledigt werden. Es geht vielmehr um einen spielerischen, liebe- und humorvollen Umgang mit sich selbst und dem Erkennen, Respektieren und Einfordern der eigenen Bedürfnisse.