Eine Gruppe von Verhaltens-, kognitiven und körperlichen Phänomenen, die sich nach wiederholtem Substanzgebrauch entwickeln. Typischerweise besteht ein starker Wunsch, die Substanz einzunehmen, Schwierigkeiten, den Konsum zu kontrollieren, und anhaltender Substanzgebrauch trotz schädlicher Folgen. Dem Substanzgebrauch wird Vorrang vor anderen Aktivitäten und Verpflichtungen gegeben. Es entwickelt sich eine Toleranzerhöhung und manchmal ein körperliches Entzugssyndrom.
Nach und nach muss die Menge der Substanz erhöht werden, da sich eine Toleranz entwickelt. Wird die Substanz nicht oder in zu geringer Menge eingenommen, kommt es zu körperlichen Entzugserscheinungen. Als Ursachen werden Veränderungen des Stoffwechsels sowie biochemische Abläufe im Gehirn angesehen. Dennoch beginnt das Abhängigkeitssyndrom früher im körperlichen, seelischen und sozialen Verhalten des Abhängigen. Generell geht dem Syndrom eine Toleranzerhöhung der Einnahme voraus, die dann im körperlichen Entzugssyndrom endet. Dadurch ist ein kontrolliertes Verhalten bei der Einnahme des Suchtmittels nicht mehr möglich. Der Substanzgebrauch rückt in den Mittelpunkt des Lebens und verdrängt andere Interessen, Aktivitäten oder Verpflichtungen. Das Abhängigkeitssyndrom kann sich auf eine einzelne Substanz, aber auch auf eine Substanzgruppe oder unterschiedliche Substanzen beziehen.
Das Abhängigkeitssyndrom kann sich auf einen einzelnen Stoff beziehen (z.B. Tabak, Alkohol oder Diazepam), auf eine Substanzgruppe (z.B. opiatähnliche Substanzen), oder auch auf ein weites Spektrum pharmakologisch unterschiedlicher Substanzen.
Um ein Abhängigkeitssyndrom diagnostizieren zu können, müssen drei oder mehr der folgenden Kriterien mindestens einen Monat lang bestanden oder sich innerhalb eines Jahres mehrfach wiederholt haben:
1. Ein starkes Verlangen/Zwang (Craving, Suchtdruck) zum Konsum der Substanz.
2. Die Kontrolle über den Substanzgebrauch verringert sich (Kontrollverlust, Beginn, Beendigung, Menge);
es wird immer mehr von der Substanz konsumiert. Versuche, den Konsum zu verringern, bleiben erfolglos.
3. Ein körperliches Entzugssyndrom mit typischen Entzugssymptomen entwickelt sich beim Versuch, die Substanz zu reduzieren oder abzusetzen.
4. Es entwickelt sich eine Toleranz gegenüber den Wirkungen der Substanz. Daher müssen immer größere Mengen eingenommen werden, um den gewünschten Effekte zu erreichen oder ein Entzugssyndrom zu vermeiden.
5. Das Leben des Betroffenen richtet sich immer stärker nach dem Konsum der Substanz aus; andere Interessen oder Verpflichtungen werden gleichgültig. Es wird viel Zeit darauf verwendet, die Substanz zu beschaffen, zu konsumieren, oder sich davon zu erholen (Einengung des Lebens).
6. Trotz schädlicher Folgen wird der Konsum der Substanz fortgesetzt.
Quelle:
Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, German Modification (ICD-10-GM)